"Wir werden Freiheit und Demokratie auf der ganzen Welt verbreiten"
Florian Rötzer 19.01.2005
Die designierte US-Außenministerin Rice bestätigt die bisherige US-Politik, nach einer internationalen Umfrage lehnt die Mehrzahl der Menschen diese jedoch ab
Nach dem Artikel des investigativen Journalisten Seymour Hersh, dass die US-Regierungen bereits seit Monaten verdeckte Operationen im Iran durchführen lässt und einen Angriff auf nukleare und militärische Anlagen des Landes plant, stellt sich der Eindruck der Wiederholung ein (Das letzte Hurra...und die kommenden Kriege). Die designierte Außenministerin Rice beschwor zwar während der Senats-Anhörung die Notwendigkeit der Diplomatie, rechtfertigte aber ohne Wenn und Aber die Irak-Politik und bezeichnete den Iran als "Außenposten der Tyrannei". Besonders scharf kritisierte sie die Regierung von Venezuela, was auch nichts Gutes verheißt, machte aber vor allem noch einmal deutlich, dass die USA einem Auftrag folgt: "Wir werden Freiheit und Demokratie auf der ganzen Welt verbreiten. Das ist der Auftrag, den Präsident Bush Amerika in der Welt gegeben hat, und das ist der große Auftrag der gegenwärtigen amerikanischen Diplomatie."
Condoleezza Rice während der Anhörung im Senat. Foto: US-Außenministerium
Die Vision, die die US-Regierung nach Auskunft von Rice leitet und durch die sie sich in die Tradition der amerikanischen Politik stellt, klingt auf den ersten Blick gut und richtig:
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Die Welt sollte anwenden, was Nathan Sharansky den Stadtplatztest genannt hat. Wenn ein Mensch sich nicht in die Mitte eines Stadtplatzes begeben und seine Ansichten ohne Angst vor Festnahme, Gefängnis und körperliche Bedrohung äußern kann, dann lebt dieser Mensch in einer Furchtgesellschaft. Und wir dürfen nicht ruhen, bis nicht jeder Mensch, der in einer Furchtgesellschaft lebt, schließlich seine Freiheit erlangt hat.
Die Beispiele dieser amerikanischen Befreiungspolitik sind für Rice die Interventionen in Afghanistan und in den Irak. Bush habe mit der 60 Jahre lang währenden Position gebrochen, im Mittleren Osten Stabilität zu erhalten und dabei die Freiheit hintan zu setzen. Solange der "Größere Mittlere Osten" eine "Region der Tyrannei, der Verzweiflung und der Wut" sei, würden dort "Extremisten und Bewegungen entstehen, die die Sicherheit Amerikas und unserer Freunde bedrohen". Afghanistan und der Irak würden diese dunkle Vergangenheit hinter sich lassen und "einen Weg des Fortschritts" einschlagen.
Schon allein, wie Rice es bei der Anhörung im Kongress vermied, sich eindeutig zum Umgang mit Gefangenen und Folter zu äußern, mag Skepsis gegenüber dem hehren Sendungsauftrag erwecken, zumindest gegenüber den eingesetzten Mitteln, die vom Zweck gerechtfertigt zu sein scheinen:
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SEN. DODD: Let me just come back to the point. I just want to make this simple question.
MS. RICE: Yes.
SEN. DODD: Is it your view, as a human matter, that water- boarding and the use, as we saw, in prisons in Iraq of nudity -- is that torture in your personal view, as a nominee here for the --
MS. RICE: Senator, I'm not going to speak to any specific interrogation techniques, but let me talk about Abu Ghraib, because that was not acceptable.
SEN. DODD: I'd like to just get your views on just a simple matter. It's a simple question I'm asking. I'm not --
MS. RICE: Well, you asked me about the incidents in Iraq, and --
SEN. DODD: (Off mike) -- asking about some very specific techniques that were used, whether or not you consider them to be torture or not.
MS. RICE: Senator, the determination of whether interrogation techniques are consistent with our international obligations and American law are made by the Justice Department. I don't want to comment on any specific interrogation techniques. I don't think that would be appropriate, and I think it would not be very good for American security.
Wiederwahl von Bush verstärkt den Antiamerikanismus
Geht man nach einer aktuellen Umfrage des Program on International Policy Attitudes (PIPA) im Auftrag von BBC, so trauen jedenfalls viele Menschen auf der Erde nicht dem scheinbar selbstlosen Auftrag der US-Regierung, der Welt Freiheit und Demokratie zu bringen. Die Mehrzahl der Menschen in 18 von 21 Ländern ist der Meinung, dass die Politik der US-Regierung die Welt nicht sicherer gemacht hat.
Wirkliche Anhänger hat die Politik der Bush-Regierung nur in drei Ländern: Indien, Polen und den Philippinen. Hier sagen mehr Menschen (63%, 44% bzw. 62%) auf die Frage, ob die Wiederwahl von Bush sich positiv oder negativ auf die Weltsicherheit auswirke, dass die Auswirkung positiv, als dass sie negativ sei. Insgesamt 58 Prozent aller Befragten glauben, dass die Bush-Regierung die Welt unsicherer macht, nur 26 Prozent meinen, sie habe einen positiven Einfluss auf die Sicherheit.
Besonders negativ empfinden dies die Menschen in der Türkei (82%), Argentinien (79%), Brasilien (78%), Deutschland (77%) und Frankreich (75%). Auch in den alliierten Ländern wie Großbritannien, Australien, Südkorea oder Italien sind die Menschen nicht von Bush überzeugt. In Japan und Russland sagen zwar nur jeweils 39%, dass Bush die Welt unsicherer mache, aber auch nur 15 bzw. 16% sind der gegenteiligen Meinung.
Was den Irak betrifft, so sind die Menschen in keinem der befragten Länder dafür, Truppen an der Seite der USA in das Land zu schicken. Insgesamt 70 Prozent der Befragten lehnen eine Truppenentsendung ab. Nicht gefragt wurde allerdings direkt, wie die Menschen zu dem Auftrag der USA stehen, die Welt oder den Mittleren Osten zu befreien. Offenbar aber findet die Methode oder zumindest die Folge der Befreiungsmission keine Zustimmung. Allerdings sind die Ergebnisse nicht ganz so katastrophal, wenn es allgemein um den Einfluss Amerikas auf die Welt geht. Auch hier sagen 47%, dass sie diesen als negativ betrachten, aber immerhin sind 38% auch gegenteiliger Meinung. Überwiegend negativ sehen dies die Menschen in Argentinien, Deutschland, Russland, Türkei, Kanada und Mexiko, umgekehrt ist es auf den Philippinen, in Indien, Polen, Südkorea und Südafrika.
Die Wiederwahl von Bush hat nach der Befragung auch negative Auswirkungen auf die Haltung gegenüber den Amerikanern. Insgesamt sagen 42%, sie hätten eine schlechtere Einstellung, während 25% dadurch bessere Gefühle hätten. Damit trägt die Politik der Bush-Regierung anscheinend zu einem wachsenden Antiamerikanismus bei, was ein Warnsignal sein sollte. Vor allem scheint dies so in der Türkei, in Frankreich, Brasilien, Deutschland, Indonesien und Kanada der Fall zu sein. Nur auf den Philippinen und in Indien geht es hier den Menschen wieder anders.
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Das ist ein düsteres Bild für die USA. Negative Einstellungen gegenüber Bush sind groß und verallgemeinern sich auf das amerikanische Volk, das ihn wieder gewählt hat.
Steven Kull, Direktor des Program on International Policy Attitudes (PIPA)
Allerdings wurde die Umfrage Ende November und im Laufe des Dezember durchgeführt. Veränderungen der Einstellung gegenüber der US-Regierung, vornehmlich in Indonesien nach der Tsunami-Katastrophe, wurden daher nicht erfasst.
Auch in den USA ist der Rückhalt von US-Präsident Bush trotz der Wiederwahl nicht ungebrochen. Lediglich 52% befürworten nach einer aktuellen Umfrage der Washington Post und ABC seine Politik, was kurz nach der Wiederwahl für einen Präsident ein sehr niedriger Wert ist. Allerdings hatte Bush auch nach der Wahl im Januar 2001 mit 55 Prozent eine relativ geringe Popularität. Bush hatte die Wiederwahl in einem Interview als Bekräftigung seiner Irak-Politik gedeutet. Nach der Umfrage lehnen diese allerdings 58% ab. Eine Mehrheit lehnt auch seine Wirtschaftspolitik und seine Pläne für die soziale Sicherheit ab. Allerdings sind 51% allgemein mit der Außenpolitik zufrieden. Dazu hat vermutlich auch die Katastrophenhilfe in Südostasien beigetragen, zu der sich Bush allerdings erst nach heftiger Kritik im In- und Ausland aufgerafft hat, insbesondere mit dem strategischen Ziel, das angeschlagene Image der USA in der Welt und vor allem in den muslimischen Ländern zu verbessern. Zumindest in den USA ist dies gelungen. Über 80 Prozent begrüßten die Hilfe für die Katastrophen-Regio