Grüß Dich Knudsen,
mir scheint, Du hast Dich hier an einem Sonett versucht, das Bemühen aber leider nicht tatsächlich durchgezogen. Stimmig finden sich hier Quartette und Terzette, der Endcasilbio allerdings wird bereits in der zweiten Zeile gebrochen, der Jambus in Zeile drei. Da Du Dich stets dafür interessierst, hier also Deine Metrik:
Die Nacht so schwarz, den Weg kann ich nicht sehen.
Hoch oben, feurig fremde Welten.
In der Unendlichkeit will ich vergehen,
in deinen sternenbunten Zelten.
xXxXxXxXxXx
xXxXxXxXx (hier fehlen bereits zwei Silben)
xXxXxXXxxXx (Unendlichkeit könnte auch xXxx betont werden, was den Jambus aber auch nicht rettet...)
xXxXxXxXx (wieder fehlen Dir zwei Silben)
Ich bin so klein, ein Sandkorn deines Strandes.
Wo komm ich her, welch Sinn hab` ich?
Bin nur ein winzig` Teilchen deines Sandes.
Ich suche und ich liebe dich.
xXxXxXxXxXx (zurück zum fünfhebigen Jambus
)
xXxXxXxX (und wieder nur vierhebig und dazu noch eine männliche Kadenz)
xXxXxXxXxXx
xXxXxXxX (siehe Zeile zwei)
Die Tage hab` ich oft vergossen,
mit Müssiggang und mancher Missetat.
Zu Umkehr bin ich nun entschlossen.
xXxXxXxXx
xXxXxXxXxX
xXxXxXxXx
In Ehrfurcht ich hier heute stehe.
Vor dem gewalt`gen Firmament.
Gib mir das Licht, dass ich nicht irre gehe
xXxXxXxXx
xXxXxXxX (nochmals die Männliche Kadenz aus dem ersten Terzett, allerdings fehlen Dir Silben)
xXxXxXxXxXx
Die Reimform ist ebenfalls nicht unbedingt im klassischen Bereich anzusiedeln: ABAB CDCD EFE GHG - in meinen Augen für ein Sonett absolut indiskutabel, verzeih. Die Quartette müssen klassisch immer ABBA ABBA sich reimen, nur die Reimform der Terzinen ist freier. Einen Kreuzreim, zudem auch noch innerhalb der Strophen nicht übereinstimmend, kann man wohl kaum noch der Sonettform zuordnen, auch nicht als Liberaler, zu denen ich mich nicht zähle, zwinker.
Inhaltlich bemühst Du Dich zumindest die Anforderung von These, Antithese in Synthese einzuhalten. Auch dies wäre streitbar. Das Gedicht scheint mir insgesamt Religiös angehaucht zu sein, wobei die Religionsrichtung unausgesprochen bleibt. Zumindest wird hier nur eine Gottheit angenommen, was mir den Eindruck des Christentums vermittelt. Strophe eins stellt sich zögerlich da und das lyr. Ich formuliert eine Hilflosigkeitsthese. Strophe zwei formuliert dann das Selbstwertgefühl, bringt allerdings die Synthese bereits in der letzten Zeile. Denn auf diesen Sinnschluss laufen dann auch die Terzinen hinaus - "Zur Umkehr bin ich nun entschlossen" und komplettes letztes Terzett.
Bei der Wortwahl missfällt mir in jedem Fall die kurzfristige Wiederholung im zweiten Quartett vom "Sand". Hingegen gefallen mir die "vergossenen Tage" und ebenfalls schön finde ich, dass Anfangs die "Schwärze der Nacht" betont wird, die sich zum Ende in der Bitte um Licht wiederspiegelt.
Insgesamt ist mir persönlich das Gedicht zu religiös - das liegt mir einfach nicht. Daher will ich kein Fazit fällen - es wäre zu atheistisch für Deine Zeilen, zwinker...
Liebe Grüsse
Nina