Hallo Nina, 
nachdem ich beim "ledernen Sonntag" ein wenig zu spät ansetzte, versuch ich jetzt mal früher da zu sein.
Dir ist hier ein sehr besinnliches und herrlich gemaltes Werk gelungen. Ich versuche mich mal daran:
Zunächst beschreibt das lyr. Ich, wie wohltuend auslöschend das Meer, das ich als Alltag und seine Maskerade und Gewohnheit deute (aber erst mal weiterschauen), unangenehme Erinnerungen und Erfahrungen überdeckt.
Dann aber lässt der Selbstbetrug, oder der Alltag, eine Lücke zu (ein schönes Wattbild!). Auf dem gerippten Sand (gefurcht) würde nun alles sichtbar, was zuvor bedeckt war. Entsetzlich, auf alles zu stoßen, was man so tunlichst übersehen hat.
Schnell, ganz schnell muss Normalität wieder hergestellt werden, das lyr. Ich ist bereit, jede Anstrengung auf sich zu nehmen, wünscht sich verzweifelt den alten Gang wieder herbei.
Ich lese Dich so, dass in der Beziehung des lyr. Ich's vieles ungesagt und unerwünscht unter dem Teppich bleibt. Auch wenn das Meer ja in periodischen Abständen den Strand freilegt, so denke ich, dass hier die Tide größere Abstände, als 12 Stunden hat. Bei Gelegenheit, vielleicht ein Konflikt, vielleicht eine Spiegelung, eine Messung an Anderem, wird es Ebbe (schönes Bild). Und dann wird offensichtlich, wieviel Schutt schon am Strand lagert. Und der Wunsch, diesen Schutt, das Verschüttete, wieder zu verdecken, mit Wasser zu bedecken, damit er nicht stört und man wie gehabt weiter machen kann, wird beschrieben.
Ein Blick auf die Metrik:
insgesamt ein Daktylus, Zeile 3 jeweils Anapäst (Kampfansage?)
xXxxXx
XxxX
xxXxxXx
xXxxX
xXxxXx
XxxX
xxXxxXx
xXxxX
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xXxX <-- Bruch, aber angebracht, da eine wichtige Zeile
xxXxxXx
XxxX
Dein räumlich entfernter Reim in V2 unterstreicht den streng eingehaltene Rhythmus und gefällt mir sehr! Er erzeugt ein willkommenes kleines Wiedererkennen, wenn man sich ohnehin schon fragt, warum man so leicht in deine Melodie findet.
Ich mag Dein Werk sehr und gedanklich fühle ich mich in dem Bild auch ein wenig zu Hause.
Liebe Grüße
Anke